Sein Ausflug über die Storchenpflegestation dauerte 10 Minuten, dann setzte der Jungstorch zur Landung an. Noch etwas unsicher schwankend segelte er vom blauen Himmel zum Horst herab, wo sein Geschwister ihn schon flügelschlagend erwartete.
Mit seiner Flügelspannbreite von mehr als 2 Meter und den langen vom Körper herabhängenden Beinen ähnelte er vom Boden aus irgendwie einer riesigen Schnake.
Und tatsächlich verbindet diese beiden Tierarten eine Gemeinsamkeit: Ihre Liebe zu Wiesen. Und die gibt es in der niedersächsischen Wesermarsch bei Berne noch in genügender Größe. Nicht umsonst zählt der Ort zu den storchenreichsten Gemeinden in der Bundesrepublik mit der größten Baumkolonie des Landes.
Die weitläufige Wiesenlandschaft und nahe gelegene Nistgelegenheiten mit guten An- und Abflugmöglichkeiten sind für den vom stark in seinem Bestand bedrohten Weißstorch überlebenswichtig.
Es ist Mitte Juli und rund 3 kg täglich bringen nun die Elterntiere ihren zwei fast ausgewachsenen Jungtieren in den Horst. Flugübungen machen hungrig.
Vor allem Regenwürmer, Insekten, Frösche und Mäuse stehen auf dem Speiseplan. Aber auch Küken anderer Vögel, Schlangen und Aas werden verfüttert.
Die Jungstörche, erkennbar an den noch bräunlich-schwarz gefärbten Schnäbeln, stehen kurz vor ihrer weiten Reise nach Afrika. Bereits mit acht Wochen werden sie flügge, nach drei Monaten folgen sie ihrem ureigenen Trieb und schwingen sich mit ihrem imposanten Körper das letzte Mal von ihrem Heimatnest in die Luft.
Zusammen mit ihren anderen Geschwistern von 50 Elternpaaren, die auf dem Grundstück der von Udo Hilfers ehrenamtlich betriebenen Storchenpflegestation gebrütet haben. Mit dabei sind auch die von 40 behinderten Pfleglingen aufgezogenen Jungvögel, die in einem Freigehege auf bodennahen Nestern aufgewachsen sind.
Ein riesiger Erfolg, denn anders als Zootiere, haben diese Jungtiere trotz zwangsläufig standortgebundener Altvögel ihren Zugtrieb nicht verlernt. Und damit das Wildverhalten auch so bleibt, gibt es eine Schutzzone. Besucher dürfen nur bis zu den weißen Bänken heran, die im gebührenden Abstand zum Gehege aufgestellt sind. Doch von hier aus genießt man den besten Blick auf die vielen Störche und das liebevoll gepflegte Grundstück.
Währenddessen erzählt Udo Hilfers in seiner einstündigen Führung viel Wissenswertes über die Weißstörche und seine vielfältige Arbeit in der Station.
Schon vor der Brutsaison ab Februar bis in den Mai hinein müssen die oft mehrere hundert Kilogramm schweren Nester gereinigt werden. Viele der alten Horste sind auf Bäumen in schwindelerregender Höhe und werden von Jahr zu Jahr mächtiger. Da sammelt sich leider auch viel für die Störche lebensgefährlicher Müll an.
Plastiktüten verhindern, dass nach Regen das Wasser schnell ablaufen kann. Das Gelege kühlt aus und die Eier sterben ab, bereits geschlüpfte Jungstörche erfrieren.
Ältere Küken und auch Altvögel verheddern sich an Kunststoffnetzen und Bindfäden, bis Gliedmaßen wie Beine und Flügel stranguliert werden. Kommt die Hilfe zu spät, bleibt nur die Amputation oder das Tier muss sogar eingeschläfert werden.
Gefahren drohen aber nicht nur im Nest. Kollisionen im Straßenverkehr, mit Überlandleitungen und immer häufiger auch mit Windkrafträdern können zu schwersten Verletzungen führen. Teilweise werden den Störchen ganze Flügel und Schnäbel abgerissen. Gerettete Tiere finden ihren Platz in dem Freigehege der Auffangstation, wo sie nach intensiver Pflege möglichst wieder ausgewildert werden. Diejenigen ohne Chance auf Überleben in der freien Wildbahn bleiben dauerhaft.
Wie ihre gesunden Artgenossen können sie brüten und zum Artenbestand beitragen. Doch der ist europaweit noch lange nicht sicher, genauso wenig wie eine dauerhafte Bezuschussung der Storchenpflegestation durch das Land Niedersachsen.
Die Zuwendungen für die derzeit in Niedersachsen 22 anerkannten und ehrenamtlich arbeitenden Schutzstationen für Wildtiere müssen regelmäßig neu beantragt werden. Ein Anspruch auf Förderung besteht nicht. Entschieden wird im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel. Die Vereinbarung des Landes mit der Storchenpflegestation endet nächstes Jahr.
Ausgerechnet, denn 2017 feiert die Station ihr 25 jähriges Bestehen. Doch Udo Hilfers versucht positiv in die Zukunft.blicken. Doch eines ist klar, ohne private Unterstützung wird es kaum gehen.
Der Countdown läuft: Wer sich die letzten Flugübungen der Jungstörche noch life anschauen möchte, muss sich beeilen. Im August startet der Weißstorchzug nach Afrika.
Wo? Storchenstation Wesermarsch, Storchenweg 6, 27804 Berne
Wann? Öffnungszeiten: täglich 10-18 Uhr, keine Anmeldung erforderlich
Führungen? Größere Gruppen bitte telefonisch anmelden unter 04406-1888
Storchenhilfe? Wer die Auffangstation unterstützen möchte, kann spenden oder Mitglied im Förderverein werden.
Weitere Informationen:
Storchenpflegestation Wesermarsch
Anerkannte Betreuungsstationen in Niedersachsen
Wunderbar, mit tollen Bildern und vielen Informationen …
Viel Beifall von Maren und Danke für das nette Treffen, auch wenn ich Dich am Bahnhof erstmtal glatt übersah 😉
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🙂 Ja, es war wirklich ein toller Tag mit besten Wetter und flugfreudigen Jungstörchen. Was will man mehr?
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Toller Artikel und klasse Fotos! Ich hoffe, die Station kann weiterbestehen! Sonnige Grüße, Jutta
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Dankeschön! 🙂 Ich bin da ganz guter Dinge, was die Station betrifft. Sie macht richtig gute Arbeit und das ist nicht wenig, was da so anfällt! LG Simone
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Na, jetzt habe ich morgen was besonderes vor 😃
Toller Beitrag!!!!!
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Super! Ich wünsche dir ganz viel Spaß! LG Simone
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Die Bilder sind der Knaller, NEIIIIIIID 😉
Schlimmer diese Folgen der Wegwerfgesellschaft. Das tut beim Lesen schon weh 😦
Liebe Grüße aus dem trüben Leverkusen
Elke
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Dankeschön!! Deshalb finde ich es auch super vorbildlich, dass Du bei Deinen Wanderungen den fremden Müll aufsammelst! Grüße zurück!
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Großartige Fotos! Wir habens vergangenen Woche im Urlaub ständig mit den Störchen probiert, daher weiß ich, wie schwierig der richtige Moment ist. Also, echt toll!!!!!
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Ja, bei Flugbildern ist immer jede Menge Ausschuss dabei. Habe mich daher auch sehr über die Ergebnisse gefreut! 🙂 Schön, von Dir zu lesen! LG Simone
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Hi,
die Fotos sind unglaublich! So tolle Storchenbilder bekomme ich nie hin.
Und auch der Text gefällt mir.
Was machen wir bloß mit unserer Natur? Wir brauchen mehr Respekt vor der Natur, unser aller Lebensraum! Schon mal gut, wenn jeder im Kleinen anfängt….
Viele Grüße, Marianne
alleinereisenjetzt.wordpress.com
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Hallo Marianne, Danke für Dein Lob! Es ist wirklich beschämend, wie sorglos wir oft mit der Natur umgehen. Viele Fauxpas in Deutschland beruhen aber schon lange nicht mehr auf Dummheit, sondern sind schlichtweg der Ignoranz, oftmals der Entscheiderebene geschuldet. Wäre allen der unwiderrufliche Wert unserer Natur wirklich bewusst, hätte sie einen monetären Wert, sehe das ganze schon anders aus. Ich habe lange für den Naturschutz gearbeitet und vieles macht einfach nur wütend! Dennoch, bloß nicht aufgeben, es selber machen, weiter aufklären und natürlich auch den Finger in die Wunde legen. LG zurück, Simone
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Sehr schöne Fotoserien und ein interessanter Bericht. Danke!
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